Nordseeinsel Juist: Das Zauberland lockt bei jedem Wetter
"Töwerland" nennen Einheimische ihre Insel - Zauberland. Ruhe, Weite und ein kilometerlanger Strand zeichnen die ostfriesische Insel Juist aus. Statt Autos verkehren dort Pferdewagen.
Juist gründet auf Sand - keine gute Basis, um Ackerbau zu betreiben. Dieser Tatsache verdankt die schmale Insel ihren Namen, denn im Friesischen bedeutet "güst" unfruchtbar. Inzwischen sind die langen Sandstrände längst das Kapital der Insulaner und locken Tausende Urlauber an. Aus dem öden Landstrich wurde das "Töwerland".
Erholung am kilometerlangen Strand
Besuchern bietet Juist autofreie Erholung ohne Hektik und Abgase. Da die Fähren wegen der Tide nicht so oft verkehren können wie etwa zur Nachbarinsel Norderney, kommen nur wenige Tagesgäste und die Insel ist nie überlaufen. Juist ist nur knapp 500 Meter breit, aber 17 Kilometer lang. Genauso lang ist auch der weiße Sandstrand. Er ist frei von Buhnen und damit ideal für lange Spaziergänge, Läufe ohne Hindernisse und andere Strandsportarten.
Ein Muss für jeden Besucher ist ein Spaziergang zur Bill. Das große Sandriff liegt am Westende der Insel - dort, wo Nordsee und Wattenmeer aufeinandertreffen. Die Bill besteht aus mehreren großen Sandbänken, die von Prielen durchzogen sind. Bei Ebbe bietet sie ein besonders beeindruckendes Bild - das einer riesigen Sandwüste.
Inselorte und Sehenswürdigkeiten auf Juist
Auf der Insel gibt es zwei Orte: den Hauptort Juist am Hafen, auch das Dorf genannt, und weiter westlich Loog, was auf Friesisch ebenfalls Dorf bedeutet. Die Insel ist ein staatlich anerkannter Kurort mit vielfältigem Kurangebot. Die staubfreie, salzhaltige Luft ist besonders gut für die Atemwege. Im Hauptort befinden sich neben dem Fährhafen und einem Anleger für Sportboote ein Kurhaus mit Thalasso-Zentrum, außerdem Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten. Bei schlechtem Wetter lockt dort ein Meerwasser-Erlebnisbad mit warmem Nordsee-Wasser, Whirlpools und Strandsauna.
Leuchtturm ohne Zulassung
Markanter Punkt und Sehenswürdigkeit ist der Leuchtturm Memmertfeuer am Hafen, der eine kuriose Geschichte hat: Als das Leuchtfeuer 1986 auf der Nachbarinsel Memmert demontiert wurde, gründete sich eine Interessengemeinschaft zu dessen Erhaltung. 1992 wurde ein Turm am Hafen errichtet und die alte Laterne dort eingebaut. Seitdem strahlt das Memmertfeuer bei Dunkelheit längs über die Insel - Wattenmeer und Nordsee dürfen nicht bestrahlt werden, da der Leuchtturm kein offizielles Seezeichen ist. In den Sommermonaten können Besucher zu einer kleinen Aussichtsplattform auf dem Turm steigen.
Auffälliges Seezeichen an der Hafeneinfahrt ist ein 17 Meter hohes, weißes Stahlgerüst in Form einer treibenden Boje mit mehreren Aussichtsplattformen.
Naturschutzgebiet Wäldchen mit seltenen Bäumen
Da Juist ständigem Wind ausgesetzt ist, gibt es hier nur wenig Baumbestand. Eine Ausnahme bildet das Wäldchen - ein Naturschutzgebiet westlich des Hammersees. Dort ließ der Biologe Otto Leege in den 1920er-Jahren mehr als 50.000 windresistente Bäume anpflanzen, darunter so seltene wie Schwarzerle und Karpatenbirke. Durch das Wäldchen, in dem auch Rotwild lebt, führt ein Wanderweg. Außerdem gibt es eine Aussichtsplattform.
Zu den weiteren landschaftlichen Besonderheiten der Insel gehört der Hammersee, der größte Süßwassersee der Ostfriesischen Inseln. Er entstand 1932, als der Dünendeich vor der Hammerbucht gebaut wurde. Spaziergänger können den See, der Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen ist, auf einem Wanderweg umrunden.
Kleintiere und Vögel im Nationalpark Wattenmeer
Das Gebiet um Juist und die Insel selbst sind Teil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer. Durch Ebbe und Flut bietet das Watt Kleintieren wie Krebsen oder Schnecken einen idealen Lebensraum und Vögeln einen reich gedeckten Tisch. Alljährlich im Herbst machen Zehntausende Zugvögel auf Juist Rast, um sich vor dem Weiterflug nach Süden im Wattenmeer Fettreserven anzufressen - für Vogelfans eine ideale Zeit, um die Insel zu besuchen.
Vogelinsel Memmert: Gesperrtes Naturparadies
Ein Naturparadies für Zugvögel und heimische Arten ist die fünf Quadratkilometer große Insel Memmert südwestlich von Juist. Sie wird zeitweise nur von einem Vogelwart bewohnt und ist für die Öffentlichkeit gesperrt. Die kleine Insel war ursprünglich eine Sandbank und wurde durch Anpflanzung von Strandhafer zur Vogelschutzkolonie. Bis 2021 hat das Nationalpark-Haus Juist jährlich im August und September begleitete Besucherfahrten nach Memmert angeboten. Dann wurde das alte Ausflugsschiff stillgelegt, ein neues geeignetes steht bisher nicht zur Verfügung.
Nationalpark-Haus und Inselmuseum
Im Nationalpark-Haus im alten Bahnhof vermittelt eine Ausstellung Wissenswertes über den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, der zum UNESCO-Welterbe gehört. Außerdem werden Vorträge und naturkundliche Wanderungen angeboten.
Größte Sehenswürdigkeit im Loog ist das Inselmuseum Juist. Die alte Ausstellung des ehemaligen Küstenmuseums wurde neu gestaltet und im März 2024 wieder eröffnet. Einen freien Blick auf Nordsee, Wattenmeer und Hammersee bietet die Aussichtsplattform "Dree Water Uitkiek" am Strandaufgang.
Typisch Juist: Pferdewagen statt Autos
Nur Rettungsdienste und die Post dürfen auf Juist Autos benutzen. Selbst Umzüge, Müllabfuhr oder Warenlieferungen werden mit Pferdewagen erledigt. Ein Pferdetaxi holt Urlauber von der Fähre ab und steht für Fahrten über die Insel bereit. Es gibt Kutschen, Planwagen und Busse. Pferde werden auf der Insel bereits seit mehreren Hundert Jahren gezüchtet und haben im Laufe der Zeit viele kuriose Wagen und Kutschen gezogen.
Vom Flugplatz der Insel in den Ort wird der Pferdewagenbetrieb ab Oktober eingestellt. Als Grund nannte die Spedition, dass weniger Gäste mit dem Flugzeug anreisten. Außerdem könnten Urlauber inzwischen Elektrofahrräder am Flugplatz mieten.
Sturmfluten machen der Insel zu schaffen
Die Insel Juist ist erst gut 2.000 Jahre alt. Häufige Sturmfluten sowie Versandungen haben das Erscheinungsbild mehrfach stark verändert. So teilte die große Sturmflut des Jahres 1651 die Insel in zwei Teile, lange Zeit mussten die Einwohner auf getrennten Eilanden leben. Erst etwa 200 Jahre später (1877) wurden Dünen angelegt und so der Durchbruch an der Südseite geschlossen. 1932 folgte der Bau eines Dünendeichs an der zur offenen See gewandten Nordseite. Auch in der jüngeren Zeit kam es immer wieder zu Sturmfluten, die das Aussehen der Insel veränderten.